Im Zweifel gegen das Kind
Die Forderungen von Sonja Howard und Jessica Reitzig
Sorgerechtsstreitigkeiten sind der Horror für Kinder – noch dazu werden ihre Rechte durch Familiengerichte, Jugendämter und Polizei massiv verletzt. Schon Säuglinge werden von ihren Hauptbezugspersonen getrennt und Kinder ohne Not ins Heim gesteckt. Die Kinderschutzexpertin Sonja Howard und die Journalistin Jessica Reitzig kritisieren ein Justizsystem voller Fehlurteil und Willkür.
Sie stellen in ihrem Buch „Im Zweifel gegen das Kind“ folgende Forderungen, damit es in Zukunft heißt Im Zweifel für das Kind:
- Wir fordern, dass ausschließlich solche Menschen in Entscheider-Positionen sitzen, die fachlich und persönlich geeignet sind, vom Kind her zu denken und zu entscheiden.
- Wir fordern eine Qualifizierungsoffensive für alle staatlichen Akteure und Verfahrensbeteiligten, die mit Kindern zu tun haben. Denn all diesen Menschen können wir mit ihrer Arbeit an der täglichen Basis ausschlaggebend dafür sein, ein von Gewalt oder Traumata betroffenes Kind zu erkennen und entsprechend zu intervenieren.
- Wir fordern ein nationales Institut zur Aus- und Weiterbildung aller Verfahrensbeteiligten an einem Familiengericht.
- Wir fordern eine digitale Datenbank, die alle Verfahrensbeteiligten erfasst und deren Qualifikationsniveau nachprüfbar macht. Wer keine aktuellen Fortbildungen vorzuweisen hat, wird von dem System automatisch für Aufträge von Gericht gesperrt. Außerdem fordern wir, dass innerhalb dieser Datenbank die Teams an einem Familiengericht nach Eignung zusammengestellt und regelmäßig durchmischt werden.
- Wir fordern die Etablierung von Praxisrichtern in familiengerichtlichen Verfahren an allen Amts- und Oberlandesgerichten sowie die Installation einer unabhängigen Stelle für die Auswahl dieser Praxisrichter.
- Wir fordern das Verbot von unwissenschaftlichen Ideologien in familienrechtlichen Schriftsätzen und Gutachten wie beispielsweise dem „PAS-Syndrom“ (auch bekannt als „Eltern-Kind-Entfremdung“, „Parental Alienation Syndrome“) sowie den empirischen falschen, kindeswohlgefährdenden und menschenverachtenden Lehren von Richard A. Gardner. Auch schwammige Begrifflichkeiten wie „Bindungsintoleranz“, die nicht wissenschaftlich fundiert sind, dürfen in familiengerichtlichen Schriftstücken und Beschlüssen, die den Kindeswillen brechen sollen, nicht mehr verwendet werden.
- Wir fordern verpflichtende wissenschaftliche Standards in familiengerichtlichen Gutachten, die aktuelle Erkenntnisse aus der Trauma- und Bindungsforschung einbeziehen.
- Wir fordern das sofortige Ende von Polizeieinsätzen, bei denen Kinder gegen ihren Willen ohne Vorliegen einer akuten Gefährdungslage einem Elternteil entrissen und traumatisiert werden. Wir fordern somit auch das sofortige Ende der Klausel „unter Zwang“ in familiengerichtlichen Beschlüssen, wenn ein Kind gegen seinen Willen umplatziert werden soll.
- Wir fordern die Einführung eines verbindlichen Kontinuitätsprinzips, den Lebensmittelpunkt von Kindern in strittigen Trennungsfamilien betreffend.
- Gleichzeitig fordern wir die Aufhebung des Kontinuitätsprinzips nach familiengerichtlichen Entscheidungen, die häusliche Gewalt und Missbrauch ignoriert haben.
- Wir fordern die Etablierung von landesweiten Kontrollinstanzen, die die Arbeit der Jugendämter auf Fachlichkeit überprüfen. Außerdem fordern wir die Etablierung einer bundesweiten Kontrollinstanz, die familiengerichtliche Beschlüsse auf deren Rechtmäßigkeit und die Wahrung der Kinderrechte überprüft.
- Weiter fordern wir eine umfassende Evaluierung der Stellungnahmen von Jugendämtern, Gutachtern, Verfahrensbeiständen und familiengerichtlichen Entscheidungen sowie den Aufbau einer soliden Datenbasis.
- Wir fordern ein Berufsverbot für alle Menschen am Familiengericht, die kinderfeindliche Ideologien vertreten. Auch Menschen, die eine nachgewiesene Nazi-Vergangenheit haben, von der sie sich nie distanziert haben, oder die radikalen religiösen Gemeinschaften oder Sekten nahestehen, sind nicht geeignet, über das Kindeswohl zu entscheiden.
- Wir fordern die Möglichkeit, familiengerichtliche Verfahren zu beobachten und zu kontrollieren, damit im Gerichtssaal kein Zwang zur Einigung ausgeübt und Drohungen ausgesprochen werden können.
- Wir fordern, dass es arbeitsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen bis hin zum Berufsverbot hat, wenn einzelne Akteure, entgegen besserem Wissen und trotz jahrelanger Hinweise auf Missstände durch Dritte, den Schutz der ihnen anvertrauten Kinder vorsätzlich gefährdet haben.
- Wir schließen uns dem Recht auf Aufarbeitung an, dass die UKASK (Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauch) fordert.
- Wir fordern gesetzlich verankerte Entschädigungsanspruch für minderjährige Opfer von staatlicher Gewalt und die Etablierung einer Ombudsstelle, die die Rechte dieser Kinder vertritt. Kinder und Jugendliche müssen, auch später als Erwachsene, einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen haben, wenn ihnen nachweislich staatliche Gewalt angetan wurde.
- Wir fordern die allumfassende Umsetzung von deutschem Recht an allen Familiengerichten, inklusive des Amtsermittlungsgrundsatzes.
- Wir fordern die Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention und die Wahrung aller Kinderrechte, auf die jedes Kind und jeder Jugendliche unter 18 Jahren schon längst Anspruch haben müsste. Dazu zählt unter anderem auch das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung sowie das Recht auf die eigene Meinung. Auch Trennungskinder müssen vor einem Familiengericht verbindlichen Anspruch auf diese Rechte haben.
- Wir fordern die allumfassende Umsetzung der Istanbul-Konvention im deutschen Rechtssystem und Konsequenzen auf höchstrichterlicher Ebene, wenn diese nicht eingehalten und Betroffene durch staatliches Unvermögen retraumatisiert werden.
- Wir fordern eine umfassende Reform des Kindschaftsrechts, das den Kindeswillen als tragende Säule des Kindeswohl berücksichtigt.
- Wir fordern ein Rechtssystem, das die Rechte und den Willen eines Kindes über die Rechte der Eltern stellt, vor allem mit Blick auf Umgangskontakte und die Entscheidung über den Lebensmittelpunkt des Kindes.
„Im Zweifel gegen das Kind. Wie Gerichte, Jugendämter und Polizei die Kinderrechte mit Füssen treten“, Sonja Howard und Jessica Reitzig
Online-Lesung mit Jessica Reitzig fand am Freitag, den 1. Dezember 2023 statt. Die Lesung kann im Mitgliederforum nachgesehen werden.