Lara

„Wir wurden dem Täter am Silbertablett serviert“

Lara (Name geändert) lernt den Mann, mit dem sie seit bald 14 Jahren vor Gericht steht, über ihre Familie kennen. Er ist auch Künstler, so wie sie, er hat eine mitreißende, faszinierende Ausstrahlung. Doch das Leben mit ihm wird schnell kompliziert. Als das Paar sich trennen will, wird die Wienerin schwanger. Dass sie der Beziehung noch eine Chance gibt, wird sie bitter bereuen. Denn der Mann ist ein Narzisst wie aus dem Lehrbuch. Sie wird sich jahrelang gegen seine psychische und physische Gewalt zur Wehr setzen müssen.

„Wir waren in einer schwierigen Phase, als ich schwanger geworden bin. Wir haben versucht, das noch hinzubiegen, aber es ging nicht. Und dann ist es eigentlich ziemlich bald losgegangen“, schildert Lara den Beginn ihres Martyriums. Denn der Mann, mit dem sie gerade ein Baby bekommen hat – sie hat bereits ein Kind aus ihrer vorigen Beziehung – zeigt plötzlich ein ganz anderes Gesicht. Er wird zunehmend kontrollierend, psychisch gewalttätig und auch handgreiflich, sogar gegen sein Kind. „Es ging um körperliche Gewalt. Ich habe eine Anzeige bei der Polizei gemacht und es gab eine Wegweisung“. Lara hat Angst, was danach passieren wird, wenn der Kindsvater wieder zu ihrer Tochter darf. „Also habe ich einen Antrag auf Verlängerung der Wegweisung gestellt. Die Antwort des Gerichtes kam – sage und schreibe – eineinhalb Jahre später! Das ist doch unfassbar in so einem Fall, wo es wirklich um Gefahr geht“. Es sollte leider nicht ihre einzige Erfahrung von institutioneller Gewalt sein.

Kinder- und Jugendhilfe glaubt Lügen vom Vater

„Ich musste also unsere Tochter dem Vater wieder ausliefern“, so ihr trauriges Fazit. „Mein Ex-Partner hat unsere Tochter von Anfang an sehr schlecht behandelt und sich nach unserer Trennung auch nicht an Termine gehalten. Einmal ist er nach dem Urlaub einfach nicht zum vereinbarten Zeitraum zurückgekommen. Ein anderes Mal war er mit unserem kleinen Kind in Italien und hat mit ihr am Strand übernachtet“, schildert sie die Verantwortungslosigkeit des Vaters. Lara wendet sich im Lauf der Jahre immer wieder an die Kinder- und Jugendhilfe, weil sie ihre Kinder schützen will. Doch dort erfährt sie wenig Hilfe. Der Kindesvater kann hingegen glaubhaft machen, dass er sein Kind nicht misshandelt hat. Es sei „ein Versehen gewesen und nur einmal passiert. Er hat beteuert, dass es nie wieder vorkommen wird.“ Und damit geben sich die Sozialarbeiter*innen tatsächlich zufrieden, ist Lara empört. Der Amts-Psychologe hat bedauert, „dass dem Vater die Hand ausgerutscht ist“. Man wirft der Mutter dort sogar noch vor, dass sie zur Polizei gegangen ist und den Kindsvater angezeigt hat, anstatt mit ihm zu reden. Es kommt zur Täter-Opfer-Umkehr durch die Behörden.

Lara wehrt sich gegen die Lügen und Falschdarstellungen ihres narzisstischen Ex-Partners, doch die Institutionen sind nicht auf ihrer Seite. „Sie haben uns nicht geglaubt. Man hat mich als die Böse dargestellt, die versucht, dem Vater das Kind zu entziehen.“ Kontaktzeiten werden festgelegt, doch inzwischen will auch ihre Tochter den Papa nicht mehr treffen. „Sie hat immer geschrien, wenn wir die Übergabe gemacht haben. Der Vater hat gemeint: Gib sie her, du kannst sie nicht loslassen.“ Lara wird gerichtlich gezwungen, die Treffen mit dem Vater weiter zu ermöglichen. Das Mädchen reagiert jedoch zunehmend ängstlich und bekommt mehrmals Panikattacken, während es bei ihm ist. „Das wurde alles von den Institutionen ignoriert“, ist Laura fassungslos. „Es war keine einzige Person dabei, die verstanden hat, dass es da um häusliche Gewalt geht – nicht nur körperlich, sondern auch psychisch, sozial und finanziell, weil er hat auch keinen Unterhalt gezahlt.“ Und die institutionelle Gewalt auf mehreren Ebenen war dann die schmerzhafte Folge.

Narzisstischer Ex manipuliert alle

Lara bedauert, dass sie nicht gleich erkannt hat, dass ihr Ex-Partner „ein Narzisst ist, sonst hätte ich gewusst, dass es nur eine Möglichkeit gibt, nämlich zu gehen, so schnell als möglich Abstand zu halten und ihn nicht mehr in unser Leben reinzulassen. Aufgrund seiner Psyche konnte der Vater auch Einfluss auf das Gericht, die Kinder- und Jugendhilfe, die Familiengerichtshilfe, Erziehungsberaterinnen und Mediator*innen nehmen, sagt Lara. „Ich glaube, dass institutionelle Gewalt auch aus Nichtwissen entsteht. Mitarbeiter*innen sind nicht ausreichend ausgebildet und die Fachkräfte haben auch zu wenig bis keine Ahnung von dieser Persönlichkeitsstörung.“ Sie erlebt bei ihrem Ex-Partner eine „unglaubliche Manipulationsfähigkeit und bösartige Machenschaft“, so die Wienerin. „Narzissten glauben, was sie von sich geben. Sie lügen wie gedruckt, aber man kann das Gegenteil nicht beweisen. Und das Gericht nimmt das ernst.“ Konkret heißt das für sie: „Wir wurden ausgeliefert. Wir wurden dem Täter auf dem Silbertablett serviert.“

Lara hat sich inzwischen ausführlich mit dem Thema beschäftigt. Sie weiß heute: „Ein Narzisst ist ein Mensch, der sich nur spürt, wenn er das Leid der anderen sieht. Er kann nicht die Verantwortung für sein Kind übernehmen, er kann es auch nicht lieben, weil er sich selbst nicht liebt.“ Und weil Männer wie ihr Ex-Partner in Wahrheit mit großer Unsicherheit kämpfen, „suchen sie sich immer starke Frauen.“

Obsorge verloren und Anzeige wegen Kindesentziehung

Und Lara ist sehr stark, sie hat es gegen alle Widrigkeiten geschafft, dass ihr Kind nicht mehr zu seinem Vater muss. „Mir ist kurzzeitig sogar die Obsorge entzogen worden“, schildert sie den Tiefpunkt des Rachefeldzuges des Kindsvaters. „Ich wusste, ich muss meine Tochter schützen. Wenn sie nicht zum Vater will, dann gebe ich sie auch nicht zu ihm. Ich stehe das durch. Er hat mich dann wegen Kindesentziehung angezeigt.“ Lara und ihre Tochter müssen beide bei der Polizei aussagen. Die Löwenmutter kann die Obsorge mit Hilfe eines Anwalts bald wieder zurückbekommen. „Wir haben inzwischen gerichtlich erwirkt, dass der Vater kein Kontaktrecht mehr hat. Es ist ausgesetzt. Meine Tochter kann jetzt bestimmen, wann und ob sie ihn sieht.“

Anderen Müttern in ihrer Situation rät sie: „Es gibt oft gerichtlich festgesetzte Kontaktrechte, so wie bei uns. Ich habe immer gedacht, ich muss mich daranhalten und habe dann gegen mein Gespür gehandelt. Bitte hört auf euer Bauchgefühl.“ Sie sagt: „Mit dem Vater reden, macht keinen Sinn, wenn er Narzisst ist. Einfach alles notieren, alles dokumentieren und das Kind nicht dem Vater ausliefern, wenn es nicht will.“

Wenn Du von institutioneller Gewalt betroffen bist und helfen willst, dass die Öffentlichkeit davon erfährt, kannst Du den Vorfall anonym über ein Formular auf unserer Webseite melden. FEM.A fungiert als Meldestelle für institutionelle Gewalt. Wir sammeln die Daten, anonymisieren sie und werten sie aus, um das wahre Ausmaß institutioneller Gewalt in Österreich sichtbar zu machen. Hilf mit, gemeinsam Bewusstsein zu schaffen!