Luise

„Ich kämpfe seit fünf Jahren um meine Kinder, die im Heim leben müssen“

Luise (Name geändert) lernt den Vater ihrer drei Kinder bei einer Zugfahrt kennen. Er ist charismatisch und bemüht sich anfangs sehr um sie. Ihre Liebe nimmt rasant Fahrt auf, entgleist jedoch ebenso schnell.

„Ich bin draufgekommen, dass er spielsüchtig ist“, blickt die Pädagogin auf den Anfang vom Ende ihrer Beziehung zurück. Seine Versprechen, das Problem in den Griff zu bekommen, hält der Mann nicht, auch nachdem das erste gemeinsame Kind auf der Welt ist. „Es war eine sehr belastende Situation, die sich immer mehr gesteigert hat. Es ist dann bis zur körperlichen Gewalt gegangen.“ Luise wird wieder schwanger, ihr Partner nimmt jedoch keine Rücksicht und attackiert sie immer wieder verbal und physisch. Der gewalttätige Gastronom hat inzwischen auch einen enormen Schuldenberg angehäuft. Er lässt die schwangere Luise damit sitzen und verschwindet.

Folgenschwere Anzeige gegen gewalttätigen Partner

Für die Mutter ist die Situation schier unerträglich. Sie hat gleichermaßen Angst vor der Rückkehr ihres Partners, als auch vor der Zukunft ohne ihn. Sie geht deshalb zur Polizei, meldet den Vater ihrer Kinder als vermisst und zeigt ihn wegen häuslicher Gewalt an. Der Mann wird nun von der Staatsanwaltschaft gesucht. Mit ihrer Anzeige, durch die sich Luise Schutz erhofft hat, setzt sie jedoch folgenschwere Ereignisse in Gang, die ihr Leben völlig aus der Bahn werfen werden.

Denn die Polizei reagiert auf Luises Angst zwiegespalten. Man nimmt ihre Schilderungen zwar ernst, ihre Bitte um rechtzeitige Information darüber, wenn ihr Lebensgefährte gefunden wird, jedoch nicht. Die Beamten finden ihre Forderung „frech und anmaßend“, erzählt die Mutter, sie schalten die Kinder- und Jugendhilfe ein, um den Fall zu überprüfen.

Institutionelle Gewalt durch Kinder- und Jugendhilfe

Als ihr Lebensgefährte kurz vor der Geburt plötzlich wieder auftaucht, gibt er sich reuig. Luise lässt ihn nochmal in ihr Leben, doch nur für kurze Zeit. Denn als er erfährt, dass sie ihn während seines Verschwindens angezeigt hat, rastet er aus und schlägt sie wieder. Eine Nachbarin wird Zeugin des Vorfalls und macht eine Gefährdungsmeldung bei der Kinder- und Jugendhilfe. Ihr Lebensgefährte wird in der Folge festgenommen. Luise nimmt ihren ganzen Mut zusammen und sagt gegen ihn aus – er fasst eine mehrjährige Haftstrafe aus.

Daheim hofft sie nun, dass endlich Ruhe und Frieden für sie und ihre Kinder einkehrt. Doch Luise hat die Rechnung ohne die Kinder- und Jugendhilfe gemacht. Diese hat schon vor Auftauchen des Kindsvaters eine Familienhilfe zu Luises Unterstützung angefordert. Nach sechs Monaten will Luise diese nicht mehr verlängern, weil von ihrem Ex keine Gefahr mehr ausgeht. „Ich hatte unser Leben gut im Griff.“ Doch die Kinder- und Jugendhilfe macht Druck. „Man hat mir gedroht, dass mir die Kinder weggenommen werden, wenn ich die Verlängerung nicht akzeptiere“, erzählt sie entsetzt. Zudem wird ein Gutachten angeordnet, das Luises Erziehungsfähigkeit beweisen soll.

Kindesabnahme durch voreingenommenen Gutachter

Der Gutachter, der sich gegenüber Luise erst väterlich-beschützend gibt, fällt schnell „durch Voreingenommenheit gegenüber Frauen auf, die eine gewisse Stärke haben und sich nicht als Opfer sehen“. Er attestiert ihr eine Borderline-Störung, obwohl er dazu gar nicht befugt ist, wie sie später erfährt. Die verzweifelte Mutter wird als „nicht erziehungsfähig“ abgestempelt. Vor Gericht schockiert er mit misogynen Aussagen wie: „Bei so viel Gewalt eines Mannes gegen seine Frau muss sie genauso gewalttätig gewesen sein“, erinnert sich Luise an die fatale Verhandlung.

Denn obwohl die Familienhelferin Luise als gute Mutter beschreibt, sieht der Gutachter Gefahr im Verzug. Die Richterin glaubt ihm und fällt eine folgenschwere Entscheidung: Kindesentzug. Luise verliert alles, wofür sie gekämpft hat. „Es war total traumatisierend. Die Feuerwehr stand plötzlich vor der Tür. Man hat mir die Kinder gewaltvoll weggenommen. Danach wurde mir auch noch vorgeworfen, ich hätte mich übermäßig emotional aufgeführt.“

Sie kämpft seit fünf Jahren um ihre Kinder

„Status Quo ist, dass ich meine Kinder seit fünf Jahren nicht mehr bei mir habe, sondern sie in einem Heim sind“, ringt sie um Fassung. Der verantwortliche Gutachter hat sich später das Leben genommen, weil er psychisch nicht gesund war. Inzwischen hat Luise schon mehrere private Gutachten in Auftrag gegeben, die ihre vermeintliche Borderline-Diagnose alle widerlegen. 20 Fachkräfte waren inzwischen schon mit ihrem Fall betraut. Sie hat Unsummen investiert, um zu beweisen, dass sie und ihre Kinder Opfer der Institutionen geworden sind.

Luise werden immer noch nur begleitete Besuche ihrer Kinder im Heim erlaubt, keine Übernachtung, kein Wochenende, keine Rückkehr nach Hause. Sie beschreibt diese Treffen als „das Schlimmste überhaupt“. Sie hätte ihre Kinder erst nur einmal im Monat sehen dürfen. Als sie aber auf einen wöchentlichen Besuch besteht, wird der Mutter vorgeworfen, schwierig zu sein. Sie sei jemand, der sich dem System nicht beugt. Dennoch kann sie durchsetzen, ihre noch sehr jungen Kinder öfters zu sehen. „Ich habe für drei Kinder nur drei Stunden Zeit, einmal in der Woche in einer Einrichtung, in einer völlig inadäquat vorbereiteten Umgebung“.

Kinder wollen zur Mama nach Hause

Jedes Treffen zerreißt der Familie das Herz. „Nach dem dritten Besuch wollten meine Kinder schon heim.“ Doch dem Kindeswunsch wird bisher nicht stattgegeben. Luise weiß inzwischen auch: „Solche strengen Besuchsbegleitungen kriegt man sonst nur, wenn man wirklich gefährlich ist, drogensüchtig oder gewalttätig.“ Das alles trifft auf sie aber absolut nicht zu.

Luise erlebt institutionelle Gewalt der schlimmsten Art. Alles, was sie bisher unternommen hat, um ihre Eignung als Mutter unter Beweis zu stellen, wird „komplett ignoriert, und das von einem Richter, der gerade mal 29 ist, keine Kinder hat und nur den gerichtlich bestellten Gutachter glaubt. Die haben mich nie gemeinsam mit den Kindern gesehen.“ Nach der anhaltenden Gewalt, die Luise in ihrer Beziehung erlebt hat, beschreibt ist das Vorgehen der Institutionen „um ein Vielfaches schlimmer“. Und sie ergänzt tieftraurig: „Eine Heimunterbringung für Kleinkinder, das ist das Schlimmste überhaupt.“

Luise gibt den Kampf nicht auf, sie schöpft ihre Kraft aus der Hoffnung, irgendwann wieder ein Leben gemeinsam mit ihren Kindern führen zu dürfen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als zu ihrer Mama zu dürfen. „Die Chancen stehen gut. Aber niemand gibt uns die verlorene Zeit zurück.“

Wenn Du von institutioneller Gewalt betroffen bist und helfen willst, dass die Öffentlichkeit davon erfährt, kannst Du den Vorfall anonym über ein Formular auf unserer Webseite melden. FEM.A fungiert als Meldestelle für institutionelle Gewalt. Wir sammeln die Daten, anonymisieren sie und werten sie aus, um das wahre Ausmaß institutioneller Gewalt in Österreich sichtbar zu machen. Hilf mit, gemeinsam Bewusstsein zu schaffen!