Natascha

„Ich habe alles verloren, außer meine Kinder“

Mitten im Paradies erlebt Natascha (Name geändert) die Hölle. Sie gerät beim Familienurlaub im Indischen Ozean in eine starke Strömung und ertrinkt fast. Ihre Kinder müssen hilflos dabei zusehen, während ihr Mann völlig unbeteiligt danebensteht, ihm scheint der Vorfall gar nicht nahezugehen. Sie überlebt und entscheidet sich danach, ihre bereits unglückliche Ehe zu beenden. Doch damit geht der Albtraum für sie erst richtig los.

Nachdem sie anfangs großes Vertrauen in die Beziehung gesetzt hat, bemerkt sie „nach und nach, dass das, was er von sich gibt, nicht dem entspricht, was man selbst beobachtet. Es war sehr schwierig, mir das selbst einzugestehen, denn man traut dann dem eigenen Verstand nicht“. Natascha ist an einen Mann mit narzisstischer Persönlichkeit geraten, wie sie heute ganz klar definiert. „Da ist eine Abwesenheit jeglicher Form von Empathie“, die sich bei ihrem Badeunfall so klar gezeigt hat, wie nie zuvor. Eine Trennung ist für sie unausweichlich geworden, doch ihr Noch-Ehemann wird es ihr so schwer wie möglich machen. Dabei geht es ihm nicht um Liebe, sondern nur um Kontrolle und Macht.

Ihr Ex-Mann will ihr alles wegnehmen

Das Ehepaar hat nicht nur gemeinsame Kinder, sondern auch eine Firma mit großen Aufträgen, Natascha ist Gesellschafterin. „Ich habe ihm gesagt, lass uns in Frieden, im Guten trennen. Das Geschäftliche lässt sich wunderbar regeln, wir werden beide versorgt sein. Wir hatten sehr zuverlässige Business-Partner, die volles Verständnis für die Situation hatten“, blickt die Unternehmerin zurück. Anfangs lässt ihr Ex-mann sie noch im Glauben, dass die Scheidung problemlos über die Bühne gehen wird. „Aber das war eine Falle, damit er sich in Ruhe auf Angriffe gegen mich, die Kinder und die Kunden vorbereiten kann. Sobald ich gesagt habe, jetzt ist es wirklich aus, hat er mit physischer Gewalt angefangen und wollte uns aus dem Haus drängen.“ Er will Natascha alles nehmen, was ihr wichtig ist: die Kinder, die Immobilien, das Geld und das Geschäft. Seit etwa sechs Jahren steht die Zweifachmama mit ihrem Ex-Mann nun schon vor Gericht. Es geht um die Obsorge, das Kontaktrecht, aber auch um das Vermögen und die Firma.

Institutionelle Gewalt auf mehreren Ebenen

Neben psychischer Gewalt erlebt die Wienerin nach der Trennung auch physische und finanzielle Gewalt durch ihren Ex-Mann und ist anhaltendem Psychoterror ausgesetzt. Als sie Hilfe sucht, erfährt sie zusätzlich auch institutionelle Gewalt auf mehreren Ebenen: „Als ich der Polizei meine Geschichte erzählt habe, haben sie mich als erstes gefragt, ob ich Pillen nehme oder auf Drogen bin.“ Eine Wegweisung des Kindsvaters kann sie trotzdem erwirken. Sie wendet sich auch ans Gewaltschutzzentrum, wo man ihre Lage nicht ernstnimmt. „Die haben mir gesagt, mit so ein bisschen Gewalt können Sie keine einstweilige Verfügung beantragen. Die haben mir damals den Mut genommen, obwohl es mich schon so viel gekostet hat, überhaupt dorthin zu gehen.“

Ihr Ex-Mann schaltet danach die Kinder- und Jugendhilfe ein und gibt an, Natascha und die Kinder hätten doch eine Firmenwohnung zur Verfügung und müssten deshalb von zu Hause ausziehen. Er will das gemeinsame Heim behalten und schafft es tatsächlich. „Wir haben das Haus verloren, weil das Jugendamt mich unter Androhung mir die Kinder abzunehmen, gezwungen hat, auszuziehen.“ In der Folge wird ihr der Kindsvater auch die Firmenwohnung abspenstig machen.

Falscher Suizid-Versuch und Zwangseinweisung in die Psychiatrie

Den Tiefpunkt seiner Rache erlebt Natascha, als der Kindsvater vorgibt, sich das Leben nehmen zu nehmen wollen. „Er hat sich am Dachboden unseres Hauses eingesperrt und gedroht, dass er sich umbringen wird.“ Sie schlägt verängstigt eine Glasscheibe ein und öffnet die Türe von innen, um den Mann, dem sie früher so nahestand, zu retten. „Ich wollte ja auch nicht, dass ihm was Schlechtes passiert.“ Doch was sie vorfindet, hat nichts mit einem Selbstmordversuch zu tun, sondern ist Teil eines perfiden Plans. „Als ich reingekommen bin, hat er nur gelacht und hat gesagt, du blutest ja. Dann ist er runter ins Haus gegangen, hat die Polizei angerufen und behauptet, ich wollte mich gerade umbringen.“ Er hat den Spieß einfach umgedreht. „Man hat mich dann stationär in der Psychiatrie aufgenommen.“

Natascha ist immer noch fassungslos, wenn sie daran zurückdenkt: „Ich wurde zwangseingewiesen mit dem Vorschlag, wenn ich freiwillig bleibe, dann schreiben sie das in den Bericht und das wäre gut für die Kinder.“ Sie kann zum Glück glaubhaft machen, dass sie keinen Suizid begehen wollte und wird am nächsten Tag entlassen. Sie weiß auch, dass der Zeitpunkt ihrer Einweisung nicht zufällig gewählt war. Ihr Ex-Mann hat gehofft, dass Natascha dadurch nicht an einem wichtigen Geschäftstreffen teilnehmen und somit ihre Verträge nicht erfüllen kann. „Sein Ziel war, die Firma zu ruinieren und zu behaupten, ich hätte sie in den Konkurs getrieben, obwohl ich alles gemacht habe, damit das Geschäft überlebt.“

Haus und Firma verloren – jetzt geht’s um die Kinder

Durch den Vernichtungs-Feldzug des Kindsvaters hat Natascha letztlich auch ihre Firma verloren. „Er hat mir durch Fälschungen und permanente Klagen, die ich erst sehr lange gewonnen hatte, nun die Firma entzogen“, sagt sie traurig. Das hat ihm aber noch immer nicht gereicht, er wollte ihr auch die Kinder wegnehmen. „Jedes Mal, wenn er uns etwas entzogen hat, hat er eine Gefährdungsmeldung gemacht. Er hat behauptet, dass ich mich nicht um die Kinder kümmern kann, dass ich psychisch zu instabil bin, um für sie zu sorgen. Und jedes Mal, wenn das passiert ist, hat das Gericht gar nicht reagiert, als wäre das alles normal. Wir haben unfassbare institutionelle Gewalt erlebt.“ Das Gericht und die Kinder- und Jugendhilfe in Niederösterreich haben ihrem Ex nicht mehr geglaubt, als ihr, „denen war es nur egal.“ In Wien wurde ihr zwar Glauben geschenkt, „aber es wurde nichts proaktiv unternommen, um uns bei der Obsorge zu unterstützen.“

Auch beim Kontaktrecht erlebt Natascha Unglaubliches: „Ich musste schon darum kämpfen, die Firma zu retten, da rauszukommen und die Kinder versorgen. Dann kommt ein Richter und sagt, für ihn gibt es gar nichts Besseres als ein Doppeltresidenzmodell. Das sei das Paradebeispiel einer guten Trennung in dieser Situation“. Ihre Kinder kommen nach einer Woche beim Vater jedes Mal wesensverändert zurück, „wie Zombies“. Natascha beschließt, strategisch gegen die Doppelresidenz und ihren Ex vorzugehen.

Mit strategischem Denken zum Ziel

„Ich habe begriffen, dass meine einzige Chance ist, das langsam anzugehen und zu taktieren.“ Sie wird konkret: „Man muss lernen, den Gegner zu durchschauen. Es ist sehr wichtig, dass man sich nicht mehr gekränkt oder verletzt von ihm fühlt.“ Ihre Erfahrung als Unternehmerin und ihr Kampf für die Kinder hilft der Löwenmutter, das Kontaktrecht ändern zu lassen. Eine engagierte Elternberatung unterstützt sie dabei mit einer Gefährdungsmeldung gegen den Vater, weil die Kinder in einem Loyalitätskonflikt waren und unter diesen Umständen keine Doppel-residenz möglich war. Einen Anwalt kann sich Natascha zwar irgendwann nicht mehr leisten, sie vertritt sich nun selbst – mit Erfolg. Die Kinder leben inzwischen beide bei ihr, eines davon ist schon alt genug, um die alleinige Obsorge selbst zu beantragen. Keines der Kinder hat noch Kontakt zum Vater. Der nächste Schritt ist nun die alleinige Obsorge für das jüngere Kind, danach will Natascha Jus studieren, um sich noch besser auszukennen. Sie hat viel verloren, nicht aber ihre Kinder und ihren Glauben daran, dass dieser Albtraum irgendwann vorbei sein wird.

Wenn Du von institutioneller Gewalt betroffen bist und helfen willst, dass die Öffentlichkeit davon erfährt, kannst Du den Vorfall anonym über ein Formular auf unserer Webseite melden. FEM.A fungiert als Meldestelle für institutionelle Gewalt. Wir sammeln die Daten, anonymisieren sie und werten sie aus, um das wahre Ausmaß institutioneller Gewalt in Österreich sichtbar zu machen. Hilf mit, gemeinsam Bewusstsein zu schaffen!